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22.02.23 –
Vom Baby-Schnuller bis zur Bühnentechnik, von Körpercreme bis Werkzeugbau – wer sich im Gewerbegebiet Georgensgmünd umsieht, findet unterschiedlichste Branchen. Es ist diese Vielfalt, die der Gemeinde seit Jahren relativ konstante Steuereinnahmen beschert. Das erklärte Bürgermeister Ben Schwarz in einem Gespräch mit Vertretern der Allerberger Bürgerinitiative „Ja zu Gewerbeentwicklung ohne Amazon“. Eingeladen dazu hatten die Grünen-Ortsverbände aus Allersberg und Georgensgmünd, um sich gemeinsam über Strategien gewerblicher Entwicklung auszutauschen.
Ben Schwarz machte deutlich, dass die Situation früher eine ganz andere war: „Lange Zeit war Grundig der mit Abstand größte Arbeitgeber und Steuerzahler am Ort,“ erklärte er und legte Zahlen aus den späten 1950er Jahren vor. Von 1.600 Gmünder Beschäftigten arbeiteten damals 1.150 im Grundig-Werk. Als das Werk Ende der 1980er schließen musste und fast gleichzeitig auch das Spanplattenwerk Vohwinkel, waren auf einen Schlag fast alle Arbeitsplätze weg. Eine schmerzhafte Erfahrung, aus der der Gemeinderat seine Lehren zog: Man beschloss, künftig auf inhabergeführte Unternehmen und einen Branchenmix zu setzen. Das wirtschaftliche Risiko, von Einzelnen abhängig zu sein, sollte minimiert werden. Seitdem haben sich in Georgensgmünd über 80 mittelständische Betriebe angesiedelt. „Das Potenzial dieser Unternehmen trägt über die Gewerbe- und Einkommenssteuer ganz erheblich zum Wohlstand unserer Gemeinde bei,“ so Ben Schwarz. Rund sieben Millionen Euro kommen daraus jedes Jahr – ohne nennenswerte Einbrüche während der Corona Zeit - zusammen.
„Wie findet Georgensgmünd ansiedlungswillige Unternehmen? Und nach welchen Kriterien werden diese ausgewählt?“ wollte Georg Decker, Sprecher der Allersberger Grünen, wissen. Ben Schwarz erklärte, dass viele Anfragen über die Unternehmerfabrik kommen, die nicht nur Beratungsstelle ist, sondern über ihr Netzwerk auch Kontakte vermittelt. Außerdem werden Betriebe über das IHK-Portal und die Geo-Messe, die alle vier Jahre stattfindet, auf den Standort aufmerksam. Auch Standortbetriebe haben Bedarf an Entwicklungsflächen.
Bei der Entscheidung für oder gegen einen Bewerber seien für die Gemeinde dann zwei Fragen wichtig: Passt die Firma zu uns? Welche Mitarbeiter werden benötigt? Schließlich wolle man erreichen, dass für die Gmünder Bürger vielfältige, wohnortnahe Jobs entstehen, und dass Jugendliche vor Ort eine Berufsausbildung machen können. Das sei bisher auch geglückt: Aktuell gibt es 3.300 sozialversicherungspflichtige Arbeitsplätze, die meisten Beschäftigten leben in Gmünd im Umkreis von wenigen Kilometern. Und Schulabgänger können aus 70 verschiedenen Ausbildungsberufen wählen.
Für Dominik Mücke, Sprecher der Bürgerinitiative, ist das bei dem geplanten Logistikgebiet in Allersberg kaum zu erwarten: „Moderne Sortier- und Logistikzentren sind hoch automatisiert. Im Verhältnis zur riesigen Fläche entstehen nur wenige Jobs – und vielfältige auch nicht. Hier vergibt Allersberg leider eine große Chance.“
BI-Sprecherin Sarah Brückmann wollte wissen, welche Rolle die Erlöse aus den Grundstücksverkäufen für die Gemeinde spielen. „Wir verdienen eher an den langfristigen Einnahmen durch Gewerbesteuer und Einkommenssteueranteile,“ erwiderte Ben Schwarz. „Und auch dadurch, dass wir als Wirtschaftsstandort und Lebensort attraktiv bleiben. Denn dann werden sich auch in Zukunft Menschen und Betriebe ansiedeln.“
Er sprach den Wettbewerb zwischen den Kommunen an, die sich einen Preiskampf liefern, um Unternehmen für ihren Standort zu gewinnen. Mit dem Ergebnis, dass an jeder Ecke neue Gewerbegebiete entstehen. Dabei ist das Gebot der Stunde eigentlich, den Flächenverbrauch einzudämmen. Denn die Ressource Boden ist begrenzt. „Das ist besonders für unsere Urlaubsregion ein wichtiges Thema. Die Schönheit der Landschaft ist unser Potenzial. Wir müssen sie erhalten, statt an jeder Ausfahrt neue Gewerbegebiete zu planen.“ Schon 2016 entstand daher die Idee, mit Röttenbach und Spalt ein gemeinsames Gewerbegebiet in Angriff zu nehmen. Alle drei Gemeinden hatten zu diesem Zeitpunkt schon mit Planungen für eigene Flächen begonnen, sahen aber die Vorteile, die man mit einem solchen Projekt für Natur, Landwirtschaft und Tourismus erreichen könnte. Ab 2024 soll die Erschließung der rund 15 bis 20 Hektar Netto-Gewerbefläche beginnen.
Roland Herzog, Vorstandsmitglied der Allersberger Grünen, wollte wissen, wie Beteiligung und Finanzierung gestaltet sind, schließlich liege die Fläche komplett auf Gmünder Gemeindegebiet. Bei beidem jeweils ein Drittel, erwiderte Ben Schwarz. Lediglich die Grundsteuer bleibe bei Georgensgmünd. „Es muss ein Zusammenwirken auf Augenhöhe sein, sonst funktioniert ein solches Projekt nicht. Und es lohnt sich: Gemeinsam erreicht man mehr.“
Sarah Brückmann merkte an, dass wegen steigender Baupreise aktuell Neubauvorhaben gestoppt würden: „Wird es schwieriger für Gemeinden, Flächen zu vermarkten?“ wollte sie wissen. Ben Schwarz sah keinen Grund zur Sorge: „Für das interkommunale Gewerbegebiet bekommen wir mehr Anfragen als wir bedienen können.“ Die Gesprächsteilnehmer waren sich einig, dass man auch für die Allersberger Gebiete West 1 und West 2 jederzeit interessante Firmen finden werde, insbesondere da die Lage direkt an der Autobahn noch deutlich besser sei. „Das sind Filetstücke, Allersberg könnte sich die besten Unternehmen aussuchen,“ unterstrich Sarah Brückmann. „Wir müssen langfristig denken. Mit einem Branchenmix, auch in West 1, stellen wir uns zukunftssicher auf, und stärken die gesamte Region.“ stimmte auch Dominik Mücke zu. Und das sei auch mit dem aktuellen Landesentwicklungsprogramm möglich. „Die Aussage, dort sei nur Logistik möglich, ist schlicht falsch.“
Die Teilnehmer bedankten sich für die offene Diskussion und besichtigten abschließend mit Ben Schwarz noch das bestehende Gewerbegebiet sowie die Flächen für das geplante interkommunale Gewerbegebiet.
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