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02.06.22 –
Wie etabliert man ein funktionierendes Car-Sharing-System vor Ort und ist das auch etwas für den ländlichen Raum? Zu dieser Frage hatte der Kreisverband der Grünen einen Experten nach Roth eingeladen. Michael Ziesak, Referent für Verkehrspolitik beim Bundesverband Car-Sharing hatte viele Zahlen und Fakten im Gepäck. Die sorgten einerseits für Ernüchterung, lieferten aber auch Hinweise für weitergehende Diskussionen.
Tatsächlich habe Deutschland, so Ziesak, in Sachen Car-Sharing eine Vorreiterrolle. 243 Anbieter (Stand 1. Januar 2022) stellen über 30 000 Fahrzeuge in 935 Städten und Gemeinden bereit. Während es in allen Groß- und Mittelstädten mindestens ein Car-Sharing-Angebot gibt, ist das Angebot in der Fläche eher dünn.
Verschiedene Modelle
Es gibt verschiedene Modelle des Car-Sharings. Bei der klassischen stationsbasierten Form haben die Fahrzeuge feste Stellplätze und ein Vorbuchungs-System, bei „Free-Floating“-Angeboten findet man verfügbare Fahrzeuge per App und kann sie irgendwann überall wieder abstellen. Manche Anbieter bieten beides in Kombination. 3,3 Millionen Nutzer sind bundesweit registriert. Wie oft sie die Fahrzeuge nutzen und ob sie dafür bereit sind, das eigene Auto abzuschaffen, hängt davon ab, wie attraktiv und komfortabel das Angebot vor Ort ist. Denn günstiger ist das geteilte Auto, für das man nur zahlt, wenn man es nutzt, für die meisten. Die meisten Car-Sharing-Kunden legen generell viel weniger Wege mit dem Auto zurück. Einen gut ausgebauten Öffentlichen Personen-Nahverkehr und attraktive wie sichere Radewege-Verbindungen für die alltägliche Mobilität seien wichtige Rahmenbedingungen für den Umstieg, betonte der Experte.
Denn auf das geteilte Auto greifen die meisten Nutzer nur für ganz bestimmte Fahrten, wie den wöchentlichen Großeinkauf oder den Wochenend-Ausflug, zurück. Eine Begrenzung des Parkraums für die Allgemeinheit und gleichzeitig gut sichtbare und wohnortnahe Stellplätze für die Car-Sharing-Fahrzeuge seien wichtige Voraussetzungen, um Car-Sharing attraktiv zu machen.
Ankermieter (denen die oder ein Teil der Fahrzeuge zu festen Zeiten vorbehalten sind) und Kooperationen mit der Wohnungswirtschaft (Car-Sharing-Angebot statt Stellplätze), Vereinen und Verkehrsunternehmen können die Wirtschaftlichkeit des Angebots insbesondere da erhöhen helfen, wo die zu erwartende Auslastung der Fahrzeuge ansonsten zu gering bliebe.
Aber funktioniert das auch im ländlichen Raum? Schwierig, aber nicht unmöglich, könnte man die Einschätzung des Experten zusammenfassen. „Eigentlich kann es immer funktionieren, wo sich genügend Personen finden, die auf Dauer Fahrzeuge gemeinsam nutzen wollen.“ Zur Wahrheit gehöre aber auch: „Es funktioniert eher da, wo viele Kunden auf engem Raum sind.“ Und das ist auf dem Land und schon in Kleinstädten unter 20 000 Einwohnern eher seltener der Fall. Für kommerzielle Anbieter sind diese unattraktiv. Die Gemeinden stehen vor der Frage, ob sie bereit sind, sich an wirtschaftlichen Defiziten zu beteiligen. Genau das haben die Rother Stadtwerke vor Kurzem erlebt.
Ehrenamtlich getragen
Es gebe aber auch gelungene Gegenbeispiele. Für den ländlichen Raum empfiehlt Ziesak in kleinen vor Ort verwurzelten Einheiten zu denken und ehrenamtlich getragenes Car-Sharing in den Blick zu nehmen. Ein Modell-Beispiel bietet der Landkreis Ebersberg. Dort haben sich elf als Vereine dezentral organisierte Initiativen in elf Gemeinden zusammengeschlossen. So können derzeit 80 Prozent der Landkreisbewohner auf ein Car-Sharing-Angebot ihrer Gemeinde zugreifen. Bis 2030 sollen es hundert Prozent sein.
Darüber hinaus gebe es auch noch die Variante, auf ganz privater Ebene in der Nachbarschaft oder im Freundeskreis ein Auto gemeinsam zu nutzen. Voraussetzung dafür ist neben gegenseitigem Vertrauen und guter Absprache der Abschluss einer Versicherung, die viele verschiedene Fahrer eines privaten Pkw zulässt. Das ist zwar vergleichsweise teuer, doch es gebe immer mehr Versicherungen, die solche Verträge im Angebot haben. Dass das eine gute Option sein kann, war aus dem Publikum zu hören. Barbara Dorfner, Sprecherin der Grünen in Wendelstein, kann da auf persönliche Erfahrungen zurückgreifen. „Wir haben das einige Jahre mit Freunden praktiziert und es hat super geklappt.“
von Stefanie Graff (erschienen in der Roth-Hilpoltsteiner Volkszeitung vom 02.06.2022)
Bild von andreas160578 auf Pixabay
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